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Die deutsche Kaffeewirtschaft

Die deutsche Kaffeewirtschaft

Die deutsche Kaffeewirtschaft spielt eine bedeutende Rolle in der globalen Kaffeeproduktion und -verarbeitung, da Deutschland einer der größten Kaffeekonsumenten und -importeure weltweit ist. Schon seit dem Ende des 17. Jahrhunderts gibt es Kaffeehäuser in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Während der Kaffeekonsum ursprünglich ein teures Luxusvergnügen für gutbetuchte Lebemänner darstellte, entwickelte sich das schwarze Gebräu Mitte des 19. Jahrhunderts zum Volksgetränk. Deutschland, einig Land der Kaffeetrinker? Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch legt nahe, dass nicht nur die Dichter und Denker des Landes dem Kaffeegenuss frönen. Über 500.000 Tonnen Kaffee in Bohnen-, Pad- und Pulverform handelt man jedes Jahr in Deutschland. Das entspricht in etwa der beachtlichen Transportkapazität von 70.000 Lastwagen, die meisten davon werden in Hamburg verladen.

Kaffee in Deutschland

Kaffee in Deutschland ©iStockphoto/william87

Hamburg – Deutschlands bedeutendster Kaffeehafen

Der Hamburger Hafen ist der größte europäische Hafen für Importkaffee für den deutschen, skandinavischen und osteuropäischen Markt. Der Kaffeehandel hat in Deutschlands größter Hafenstadt eine lange Tradition. Der Kaffeegeruch, der den großen Röstereien entströmt, gehört für Hamburgs Bürger zu einer Alltagserfahrung. Wer regelmäßig an Hamburgs Speicherstadt vorbei Richtung Elbbrücken fährt, wundert sich kaum noch über den Kaffeeduft, der sich am späten Nachmittag über die Stadt legt. Am Kaffeehandel verdient die Stadt seit mehr als 200 Jahren und alteingesessene Röster gehören mit zu den bedeutendsten Familien des Hamburger Geldadels.

Das globale Geschäft mit den braunen Bohnen: Internationale Kaffeewirtschaft

Die Industrie kauft lange Zeit vor der eigentlichen Kaffeeernte über Warentermingeschäfte Rohkaffee ein. Gleich nach Erdöl ist Kaffee der wichtigste Exportrohstoff. Mehr als 100 Millionen Menschen leben von der Kaffeeproduktion und dem Kaffeehandel. In mehr als 50 Ländern weltweit wird heute Kaffee angebaut. Die Jahresproduktion beträgt über 8 Millionen Tonnen Rohbohnen. Zu den größten Kaffeeproduzenten gehören Länder wie Brasilien, Vietnam, Indonesien und Kolumbien. Viele Agrarländer der dritten Welt sind direkt von der Kaffeeerzeugung abhängig. Im Kaffeegeschäft gehören Preisschwankungen nicht zuletzt durch die stetig steigende Nachfrage zum Alltag. Doch auch Missernten, Energiepreisschwankungen und der Dollarkurs wirken sich direkt auf den Kaffeepreis aus. Der geringste Teil des mit Kaffee erwirtschafteten Geldes kommt den Bauern und Arbeitern zu Gute. Die Zusammensetzung des Kaffeepreises macht dies besonders deutlich. Während die Lohnkosten lediglich 5 % des Endpreises entsprechen, schlagen Zölle, Steuern und Transportkosten mit fast 45 % des Endpreises zu Buche. Mit Kaffee wird viel Geld verdient, aber wie so oft stehen Arbeit und Entlohnung oft nicht in einem ausgewogenen Verhältnis. Seit einigen Jahren gelingt es aber Fairtrade-Produzenten für einen gerechteren Handel zu sorgen. Auch in Deutschland erfreut sich fair gehandelter Kaffee immer größerer Beliebtheit.

Die deutsche Kaffeewirtschaft – Fairer Handel

Nicht nur Gutmenschen haben inzwischen begriffen, dass eine nachhaltige Förderung der Landwirtschaft in strukturschwachen Ländern allen Beteiligten zu Gute kommt. Daher etablieren sich fair gehandelte Produkte auch in Deutschland immer mehr. Bewusst konsumierende Kunden sind in durchaus bereit, einen kleinen Aufpreis in Kauf zu nehmen, wenn sie dafür die Tasse Kaffee mit ruhigem Gewissen genießen können. Die Strukturen kolonialer Ausbeutung sind im Kaffeehandel zwar noch nicht endgültig überwunden, doch zeugt die zunehmende Anzahl von Fair-Trade-Siegel von einer Besserung der Verhältnisse. Die Kleinbauern werden beim fairen Handel direkt an den Gewinnen beteiligt. Fair gehandelter Kaffee ist gleichzeitig auch ökologisch nachhaltig erzeugter Kaffee, bei dem auf den Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger weitgehend verzichtet wird. Die Abhängigkeit der Bauern von Großkonzernen wird auf diese Weise aufgelöst und Auswüchse wie Lohndumping und Kinderarbeit erfolgreich verhindert. Auch wenn der Fair-Trade-Kaffee etwas teurer erscheint, wird er langfristig durch die garantierte Preisstabilität zu einem zunehmend auch von kostenbewussten Kunden nachgefragten Konsumgut. International sind zwei Kaffeesorten von großer Bedeutung: "Arabica", der vor allem in Deutschland nachgefragt wird, sowie "Robusta", der eher in Frankreich und den südlichen Ländern geschätzt wird.

Kaffeesorten

Der ursprünglich aus dem südlichen Äthiopien stammende Arabica wird auch Bergkaffee oder Javakaffee genannt. Er hat einen geringeren Koffeingehalt als der Robusta und ist weniger hitzebeständig und etwas teurer. Vor allem in Deutschland empfindet man den Geschmack des Arabica als edler. Robusta ist schmeckt für den deutschen Durchschnittsgaumen hingegen erdiger und etwas muffiger. Der Preis und die Qualität von Kaffeemischungen im Discounterhandel steht in direktem Zusammenhang zum Mischungsverhältnis von Arabica und Robusta. Neben diesen beiden gibt es noch eine Reihe bedeutender Kaffeesorten, wie den exzellenten Hochlandkaffee Jamaicas, Blue Mountain Kaffee, oder den sündhaft teuren Kopi Luwak, der sein besonderes Aroma dadurch erhält, dass er zuvor von Meerkatzen verdaut wurde.

Land der Röster und Händler: Die deutsche Kaffeewirtschaft

Die Kaffeewirtschaft in Deutschland wird von einigen wenigen Anbietern dominiert, die ca. 85 % des deutschen Marktes unter sich aufteilen. Im Grunde sind es nur sechs Firmen, darunter Aldi, Tchibo und Melitta, die den deutschen Kaffeemarkt kontrollieren und daher ein Oligopol bilden. Preisabsprachen scheinen in solchen Handelsstrukturen wohl keine Seltenheit und werden mit einer gewissen Regelmäßigkeit vom Bundeskartellamt geahndet. Der Kaffeekonsum steigt in Deutschland beständig, das steht außer Frage.

Die deutsche Kaffeewirtschaft – Verbrauchssteuer

Ein Pfund Kaffee kostet in Deutschland derzeit um die 5 Euro, was international im preislichen Mittelfeld liegt. Den größten Gewinn macht dabei der Staat, der den Kaffeehandel mit einer Verbrauchssteuer belegt hat. Er besteuert nicht nur Rohkaffee, sondern auch kaffeehaltige Waren. Die Kaffeesteuer beträgt für Röstkaffee momentan 2,19 Euro je Kilogramm und für löslichen Kaffee 4,78 Euro je Kilogramm. Kaffee wurde schon früher als Luxusgut besteuert. Bis in die 1950er Jahre war die Kaffeesteuer so hoch, dass sich ein einträglicher Schmuggelhandel an der deutschen Westgrenze, der sogenannten "Aachener Kaffeefront", entwickelte. Auch wenn die Verbrauchssteuer heute noch ziemlich gesalzen ausfällt, lohnt es vermutlich nicht mehr, Kaffee bei Nacht und Nebel unter dem Mantel über die Grenze zu schaffen. Eine Kaffeesteuer wird in Europa außer in Deutschland nur noch in Belgien und Dänemark erhoben.

Klön-Café oder Coffee to Go? Kaffeekonsum in Deutschland

Im täglichen Leben der Deutschen hat Kaffee seinen festen Platz erobert. Im Durchschnitt konsumiert jeder Deutsche knapp 5kg Kaffee im Jahr, was ungefähr zwei Tassen Kaffee am Tag entspricht. Geht man von dieser Größenordnung aus, rangiert Kaffee als Lieblingsgetränk der Deutschen deutlich vor Bier, Tee oder Softdrinks. Lediglich Wasser wird häufiger getrunken, aber das schmeckt ja eigentlich nicht. Die Kaffeepause während der Arbeit ist häufig bereits zum Grundbedürfnis avanciert; Mitarbeiter bringen oft sogar ihre eigene Kaffeetasse zum Arbeitsplatz mit, denn das sorgt für Heimeligkeit und erhöhten Kaffeegenuss. Vermutlich ist Deutschland das einzige Land, in dem Lehrerkollegien über die Vor- und Nachteile von manuell bedienbaren Espressomaschinen im Vergleich zu Vollautomaten debattieren. Mancher Arbeitnehmer trinkt auch gar keinen Kaffee während der Arbeitszeit, nur um dessen stimulierende Wirkung umso bewusster nach Feierabend zu genießen. Der Café-Besuch ist für viele Menschen ein fest eingeplantes Ritual, der Espresso nach dem Essen schon lange Usus. Kaffee bietet die Quadratur des sprichwörtlichen Kreises, denn er kann aufputschen, beschleunigen und gleichzeitig urdeutsch gemütlich beim Kaffeekränzchen entschleunigen. Auch wenn wir dabei nicht die gleiche Muße an den Tag legen wie unsere österreichischen Nachbarn, deren Wiener Kaffeehauskultur vorläufig noch unerreicht ist, dampft und brodelt es in den Kaffeekesseln des Landes auf hohem Niveau.

Lifestyleprodukt Kaffee

Allerdings gibt es wie in der gesamten westlichen Welt einen starken Trend zum Mainstream. Die von graumelierten Schauspielern beworbenen Pad- und Patronenmaschinen sind dank ausgeklügelter Marketingstrategien weiter auf dem Vormarsch. Kaffee entwickelt sich zum Life-Style-Produkt, wobei es den Konsumenten aus Unkenntnis der kulinarischen Sachlage oft auch einfach nur um das schicke Design der Markenmaschinen geht. Wie dem auch sei, die Produzenten von Kaffeepads rechnen auch in diesem Jahr wieder mit einem dicken Umsatzplus. Wirtschaftlich betrachtet ist das sehr erfreulich, kulinarisch-gastronomisch aber auch etwas fragwürdig, denn klassischen Kaffeegenuss lernt man heutzutage nicht überall und nebenbei kennen. Der Filterkaffee ist in der Gastronomie zwar endgültig aus der Mode gekommen, und das ist mit gewissen Einschränkungen auch gut so. Inzwischen lässt sich perfekt aufgebrühter Kaffee mit einer feinen Crema zumindest in den Großstadtcafés Deutschlands bekommen. Die McDonaldisierung der Kaffeehauskultur machte aber auch bei uns nicht halt. Kaffeehausketten wie Starbucks, Balzac oder Campus Suite haben längst einen festen Platz im Stadtbild der deutschen Großstädte erobert. Das Prinzip ist effektiv: qualitativ hochwertiger Kaffee aus Pappbechern für den Kaffeegenuss unterwegs. Außerdem laden Klönecken, die oft den Gemütlichkeitsfaktor von Autobahnraststätten teilen, zum kurzen Ausruhen vom Einkaufsbummel ein; trendige Süßwaren gibt es noch obendrein. Vielleicht ist das nicht immer im Sinn der Kaffeehausliteraten des 20. Jahrhunderts, aber dafür auf der Höhe der Zeit. Und die gibt sich oft schnell, hektisch und angestrengt. Ein Tässchen Kaffee zwischendurch kann da große Wunder wirken.

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